literaktionen
Literaktion – Literatur in Aktion
Sprachsalz – Hall in Tirol
Oder die Performance an Schulen, Unis und sonstigen Anstalten – über 200 (seit 1971 bis heute).
Zwei Beispiele: Koche 1979 bei einem Dichtertreffen, zu dem Studenten ins Waltherhaus nach Bozen geladen haben, während die Kollegen ihre Texte lesen, eine PASTASCIUTTA mit SUGO ALLO SPECK TIROLESE, und am Ende der Kocherei kann sich jeder Anwesende davon überzeugen, dass diese Vor-Ort-Gericht-Kreation ein wahres GEDICHT ist.
Entwirre (1984 in Lodi bei Mailand) in einer offenen Irrenanstalt, in Zusammenarbeit mit den Geisteskranken, einen riesigen ROTEN WOLLKNÄUEL zum ROTEN (und durchgehenden) FADEN einer(/unserer) Geschichte; wir legen ihn am Fußboden aus, zu Häusern, Bäumen, Tieren, Menschen, Wegen, Flüssen, durch die Zimmer, über den breiten Korridor, die Treppe hinunter und durch das offene Tor ins Freie. Dann rollen wir noch einmal die Geschichte von hinten auf – zum dicken roten Knäuel. Wie gehabt.
Und und 98 z.B. Leseperformance auf der Leipziger Buchmesse.
meiner (vielleicht) wichtigsten Performance
Im Franklin Furnace in New York zerschneide, zerfetze, zerstückle ich 1989 mit Messer und Schere mein Unter-Leibchen auf dem Leib und werfe dem nimmersatten Amerikaner die Schnipsel, abgepackt und luftdicht verschweißt, zum Konsum vor.
In Kapstadt-Südafrika gedenke ich des fiato d´artista von Piero Manzoni und seiner merda und ich fülle Luftballons mit Flüchen, guten Wünschen und Hoffnungen, mit Gasen und lasse sie steigen – KULT -UR/UR- KULT, in den Himmel / in die Hölle fahren (1988).
Im Heimatdorf Partschins enthüllt meine Mutter (1986), in Anwesenheit von Freunden, Bekannten und Neugierigen, am Elternhaus feierlich eine marmorne Gedenktafel mit der Aufschrift in goldenen Lettern: msch (matthias schönweger) 1949-1972(ausgezogen) art-ist. Ein memento vitae.
…..Und immer wieder gebe ich den Leuten DIE KÜNSTLERHAND / MANO D´ARTISTA, so geschehen auch beim „24 ore non stop arte“, 1982 in Como, wo ich die selbige zusätzlich in einem Schauprozess tausendfach für den Kunstmarkt frisch von der Hand weg fotokopieren lasse.
Immer wieder stehe, sitze, liege ich irgendwo auf-fällig und beobachte die Re-Aktionen der Passanten (des Publikums), die mich beobachten, wie ich z.B. mit geschminkten Augen und roten Lippen und Blumen in der Hand am Bahnhof warte oder.
Oder ich lasse hie und da und dort (1974, wegen der Ölknappheit) meine Schmuckschatullen öffnen, in denen man -das Kästchen einmal aufgemacht- das Wort LICHT lesen kann, es wahrnimmt.
Reise oft in ferne Länder, kaufe dort Schlösser, die ich vor Ort an Ketten, Gitter oder sonst wohin hänge, nehme die Schlüssel mit heim und fühle mich reich, da ich in vieler Herren Länder Schlösser besitze. Ein besessener Kunst-Sammler von Sammler-Kunst.
Ich pinkle jeden Winter msch mit Datum in den Schnee.
IST DER MENSCH
NOCH ZU RETTEN
Alle Jahre wieder (seit 1983) mache ich an diesem GENIUS LOCI eine Performance in Fortsetzung zur Güte…des Passerwassers. Der Bach stinkt nämlich zum Himmel, das Bett ist eine Jauchegrube. Abwässer (der Anrainergemeinden und der Stadt) aus den Haushalten, den Hotels, der Landwirtschaft werden skrupellos ungeklärt in den Fluss geleitet.Fischsterben.
Am Karfreitag, 15 Uhr – 1983, bemale ich mit J.De Chirico die wie Ostereier aus dem seichten Wasser ragenden Steine bunt…
Nach und nach gehen uns immer mehr „Künstler“ zur Hand. Bald sind es so viele Malakteure, dass ich nicht imstande bin, für alle (biologische) Farben und Pinsel „nachzuschieben“.
Anzeigen bei der Polizei rufen die Ordnungshüter auf den Plan. Es folgt eine Gemeinderatssitzung und der Beschluss: Der Schönweger muss eine Geldstrafe bezahlen wegen Verunreinigung des Passerbetts – wo kämen wir hin, wenn ein jeder…und da war noch die Auflage, das Ganze so wiederherzustellen wie es war, sonst würde das auf meine Kosten mit Laugen oder Säuren unsere Feuerwehr erledigen. Gegenanzeige meinerseits: Werde die OSTEREIER erst entfernen (lassen), wenn der „löbliche“ Gemeinderat den Bau einer Kläranlage beschließt. Reagiert wird auf die Schnelle – nach einer Woche, ein Badeverbot wird erlassen, und mit neuerlicher Hilfe von Kollegen werden die Steine in ihren Urzustand zurückgemalt: Feldspat, Quarz, Glimmer: grau in grau – Alltag.Der Baubeginn der Kläranlage wird immer wieder hinausgeschoben, und jedes Jahr, pünktlich zu Ostern (Fremdenverkehrshochsaison), gibt es, den Gemeindevätern zur Mahnung, in der Passerstadt eine (MEMENTO-)Performance:Einmal kocht und serviert er am Kornplatz Quadratknödel mit italienischer Tomatensauce (1985), einandermal „beflaggt“ er mit Vorhangstoffen die Erlen auf der Insel im Passerbett – Traumschiff (1986); dann, 1987, wirft er mit den Feriengästen auf der Promenade (Kur)Schatten, die er ebendort mit dem Pinsel in bunten Farben festhält.Am ersten November 1994 wird auf der Meraner Postbrücke DEN BACH HINUNTER zu Allerheiligen und-seelen zu Mozarts Requiem (Streicher) mit einem Kran ein altes, kunstvoll in Stein gearbeitetes Kreuz ins Passerbett GELASSEN, gestellt, dem Wasser ausgesetzt, der Natur. Die formt das Kreuz erneut … zurück zum Stein, und zu Staub … kehren auch die armen Seelen zurück (und die reichen): Recycling. Nach der Zeremonie – Leichenschmaus beim Würstelstand.
Ostern darauf startet der Versuch einer Auferstehung: Am Kreuz hängen hunderte gasgefüllte gelbe Luftballons.
Just zur Reichstagsverhüllung in Berlin wird auch das CORPUS DELICTI in den Passerfluten mit rot-weißem Plastik verpackt: HOMMAGE À CRISTO.
Zu Kafkas siebzigsten Todestag, liegt auf der Promenade ein VW Käfer auf dem Dach, dem Rücken: Die Verwandlung. OMAGGIOLINO ,Mai 94.
98 wachsen aus den ominösen Passersteinen PLASTIKBLUMEN. BLUMENPLASTIK.
Genug der Beispiele.
Rufe 1983 mit Ruth und Gert Gschwendtner und J.De Chirico eine Organisationsgruppe für Performances mit Namen NETZ-KUNST ins Leben, Ziel derselben: grenzüberschreitende, konzertierte Aktionen.
Bei einer solchen nehme ich, 1985 in Dillingen/Deutschland, einen großen, mit ERDE gefüllten, Schul-GLOBUS am Äquator auseinander und schöpfe mit einem Löffel aus den beiden „Schüsseln“ (gewogen, gezählt, gemessen) portionenweise ERDE in Tüten. Diese werden „gerecht“ an die anwesenden ERDEN-Bürger verteilt.
Zur gleichen Zeit stelle ich ebendort in einem mittelalterlichen Verlies (und im Dritten Reich Folterkammer der SS) einen SARG aus Deutscher Eiche aus, gefüllt bis an den Rand mit Heimat-ERDE, umrahmt mit Immergrün und spärlich beleuchtet durch das Ewige Licht (einer Kerze).
Aus der deutschen Bevölkerung gab es dazu (in dieser alten Bischofstadt „auch“) peinliche Reaktionen.