Ausstellung Kunsthaus Meran

LIEB

HEIMATLAND

AD

1914

IM

RÜCKSPIEGEL

Als eigen-artiger Ausstellungsmacher beruft sich im Kleid des Kulturhistorikers und

Komparatisten Matthias Schönweger auf Recherchen, Materialien, Dokumente, Tatsachen

und vermeintliche Begebenheiten im kriegerischen wie zivilen Umfeld von Meran und

darüber hinaus, rund

um den Welt- Krieg, den Großen und Ersten.

Zur Sprache kommen zudem Anleihen aus Tirols Helden-Kriegen und -Kriegern aus Andreas

Hofers Tagen, in denen einer der Keime für die Begeisterung bezüglich einer erneuten

bewaffneten Auseinandersetzung Für Gott, Kaiser und Vaterland zu suchen/finden wäre.

Zudem einte damals der Ruf zu den Waffen, Brüder! in der Passerstadt samt Anrainer-

Gemeinden, die zwei zerstrittenen Parteien, hie die zahlreichen „Zuagroastn“ plus ein paar

hiesige Intellektuelle, wie die oben: liberal, deutschnational und Getreue des dt. Kaisers

Wilhelm II von Preußen und da die eingesessenen, konservativ klerikalen Mannen ihres

Kaisers Franz Joseph von Österreich. Der große Rest ist Reden über das Schweigen.

Der Künstler mache aus alledem Kunst.

Die Ausstellung

übt sich im Spagat zwischen der Kunst der Kriegsführung und jener ihrer Aufarbeitung,

wobei letztere hineinreicht in die Gegenwart und sich hier und jetzt kreativ um

zeitgeschichtliche Relevanz bemüht. Die nicht wenigen kafkaesken Notationen in den

Schönwegerschen Arbeiten verweisen auf die absurden, abstrusen, obskuren Blüten, die

feindlichen Auseinandersetzungen hervorbringen. Beispiel dafür sind die vielen

Bunkerbauten im Lande, die der italienische Faschismus gegen den deutschen, nach der

Heimholung Österreichs erstellen ließ in den Jahren 1939 bis 1942, vor der Haustür an der

italienischen Nordgrenze, mit den strategisch bedeutenden Übergängen Winnebach,

Brenner und Reschen, als Alpenwall, Vallo Alpino oder Vallo-Non-mi-fido (del mio amico

Adolf). Schönweger bunkert in solchen (und in Büch-Museen) seine Künste und die anderer.

Zählige jener Kriegsareale sind fest/locker in seiner Hand und spielen in dieser Ausstellung

(wie hier im Buch) mit eine Hauptrolle. Der Künstler lässt Geschichte, 100 Jahre nach

damaliger Pflicht u. Kür, Revue passieren – schaut dem Geschehen auf und durch die Finger.

(testo a bandiera)

 
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 JANUS
mostra di Matthias Schönweger
Merano Arte, settembre 2014

Janus (Giano), il dio delle soglie che con una faccia guarda il passato e con un’altra il futuro,
è il simbolo di questo progetto espositivo di Schönweger. Come le figure della Madonna
rinascimentali poggiano su una gamba tesa e una flessa, la mostra si avvale del supporto di
hardware e software.
In essa l’artista a) indaga le fonti storiche, il patrimonio spirituale, il rapporto genetico e
pedagogico con quest’ultimo e b) presenta le proprie opere e quelle altrui.
Più precisamente, al centro della mostra vi sono – in parole e immagini – date storiche
importanti, quali per esempio il 1914, inizio della Prima guerra mondiale e del suo lascito,
e il 2014, anno in cui ricorre il suo centenario. Vi sono inoltre l’eredità dei nostri antenati
e, non da ultimo, il tema freudiano – sempre attuale – del rapporto tra eros e thanatos,
amore e odio, guerra e pace.
Attraverso fotografie autentiche della Grande Guerra (1914-1918), nonché del periodo
precedente e successivo al conflitto, scattate a Merano e dintorni, proiettate su disegni
realizzati sulle pareti del museo e su oggetti applicati ad esse, l’artista trasmette la sua
immagine di un mondo malaticcio che affronta con una sana dose di umorismo (si ha quando,
nonostante tutto, si ride). E se la guerra è padre di tutte le cose, la pace è la loro madre.
Ai pezzi in esposizione, non pochi cimeli presentati come oggetti d’arte, nature morte
„dal vero“, disegnate, dipinte o fotografate, si affiancano, accanto a un necrologio di
eroi (continua), dei sarcofaghi in miniatura, una scelta di urne modello/modelli d’urna
personalizzati … cenere alla cenere …
Nel contesto sopra illustrato Schönweger pone idem il suo opus magnum (opera di guerra =
Kriegsbunker) che nella mostra, documentato da film in ante prima (e visitabile nell’ambito
di escursioni guidate), trova uno spazio adeguato. L’artista già da diversi anni lavora ad un
progetto con cui intende trasformare una serie di roccaforti alpine in un baluardo dell’arte,
estraniando dalla loro funzione originaria e destinando a nuovo uso una cinquantina di
opere militari dell’era fascista divenute di sua proprietà, quali bunker, casematte, caverne,
ecc. Con sapiente ironia egli ne modifica le vedute esterne e gli spazi interni utilizzandoli
come cornici delle sue immagini artistiche: crea in tal modo un museo d’arte totale open
end, un work in progress in cui la natura, le piante, gli animali e (alla fine) l’uomo sono
partecipi in una metamorfosi conforme alla loro specie.
In pendant a questo „sogno e incubo alpino“ Schönweger mette a disposizione di bambini
e adulti rimasti bambini un enorme mucchio di sabbia, dove si può costruire a piacere …
sulla rena. Intanto Janus ci osserva da dietro le spalle, sempre presente e – speriamo – con
un compiaciuto sorriso.
P.S.: Sono inoltre in programma conferenze di insigni studiosi, letture ad alta voce,
performance e altro ancora

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Zur Ausstellung, Matthias Schönweger, bei Kunst Meran
JANUS
1914 nach wie vor 2014
Der Gott auf der Türschwelle, dieser Janus, der gegenwärtig nach hinten schaut, in die
Vergangenheit und mit dem zweiten Gesicht stets auch nach vorne in die Zukunft, steht
sinnbildlich für diese Schönwegersche Werkschau. Jene fußt wie die Muttergottes-Figuren
in/aus der Renaissance auf Stand- und Spielbein, auf Hardware und Software. Da sind a die
historischen Quellen, das geistige Erbe, der genetische und pädagogische Umgang mit
diesem und b die Artefakte der anderen und eigenen.
Im Konkreten geht es in der Ausstellung um historische Eckdaten, 1914 zum Beispiel, Beginn
des Ersten Weltkrieges vor hundert Jahren und dessen Vermächtnis, um den Nachlass
unserer Altvorderen und nicht zuletzt um das Freudsche leidige Thema Eros und Thanatos,
Liebe und Hass, Krieg oder aber Frieden: in Wort und Bild. Anbei gezeigt werden NATURE
MORTE, Stillleben in echt und gezeichnet, gemalt und fotografiert wie gehabt. Der Künstler
vermittelt unter anderem über authentisches Bildmaterial in und um den Großen Krieg
(1914-1918) in und um Meran, durch deren Projektion auf Zeichnungen und Applikationen
an musealen Wänden, sein Bild von einer da und dort kränkelnden Welt, der er mit einer
gesunden Portion Humor (ist wenn man trotzdem lacht) begegnet. Und ist der Krieg der
Vater aller Dinge, so ist der Frieden deren Mutter.
Zu den Exponaten, nicht wenige in Kunst gefasste Memorabilien, gesellen sich neben einem
Heroen-Nekrolog in Fortsetzung, Sarkophage in Kleinformat, eine Auswahl kunstvoller
individueller Musterurnen/Urnenmuster … Asche zu Asche … Phönix lässt grüßen.
Im obigen Kontext sieht er idem sein Opus magnum (opera di guerra = Kriegsbunker), das in
der Ausstellung, zum ersten Mal filmisch dokumentiert (und in Exkursionen erlebbar), einen
ihm entsprechenden Platz findet. Schönweger konzipiert und gestaltet nämlich über Jahre
schon, durch Verfremdung und Umnutzung seiner ca. 50 unterschiedlichen Kriegs-Areale aus
der Faschisten-Ära, Bunker, Kasematten, Kavernen etc., ein alpines Bollwerk zum Kunstwall.
In dieser Assemblage modifiziert er, gekonnt ironisch, die einzelnen Rahmen-Geschichten,
ihre Außenansichten und Innenräume zu einem open end Gesamtkunst-Museum, einem
Work-in-Progress, in dem sich Natur, Pflanzen und Tiere und (zu guter Letzt) der Mensch,
ihrer Art entsprechend, metamorphisch einbringen können.
Als Pendant zu diesem „Alptraum“ überlässt Schönweger auf dem Meraner Sandplatz
Kindern und Kind gebliebenen Erwachsenen, dem Homo ludens und Faber, einen ergiebigen
Sandhaufen, auf dem nach Herzenslust gebaut werden kann … auf Sand. Da schaut Janus uns
über die Schultern, immer dabei, schmunzelnd, wollen wir hoffen. Geplant sind ferner
Vorträge bedeutender Wissenschaftler zum Thema sowie Lesungen, Performances und
anderes mehr.
Zur Ausstellung erscheint ein Buch mit dem Titel MEINE REDE MIX:XL.

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 HIER UND JETZT
einige wenige Mosaik-Steinchen aus dem
(alle Rahmen sprengenden)
Genre-Bild des Großen Krieges
in Meran mit Umgebung und etwas darüber hinausDas imperialistische Bestreben aller Herren Länder Wasser und Land zu gewinnen, zu
erobern und zu kolonialisieren ist in jenen Adventsjahren vor dem Ersten Weltkrieg den
Herrschenden ein ludisches Vergnügen und scheinmoralische Verpflichtung gegenüber
ihrem Volk. Österreich annektiert 1908 Bosnien und Herzegowina ohne jeden Ausgleich für
den Dreibundpartner Italien. Daraufhin zieht dieses, ohne seine beiden Bündnispartner zu
informieren, gegen die Libyer zu Felde. Der Pakt bröckelt. Die Bestrebungen italienischer
Nationalisten gipfeln in der Forderung nach Befreiung ihrer Terra irredenta. Der
nationalistischen Ideologie fällt letzt Endes auch der österreichische Thronfolger Franz
Ferdinand, Kusin und Freund des 1889 31-jährig verstorbenen Kronprinzen Rudolf, um den
seine Mama, die Sissi im Kaiserhof der Passerstadt damals einen Monat lang trauert, zum
Opfer und seine Frau idem, nicht zu vergessen. Beide sind, bevor sie zum Manöver nach
Sarajewo reisen, im Erzherzog Johann in Meran zu Gast, und der Gatte kauft der Gattin vor
der Abreise en passant ein Schmuckstück beim Juwelier Frühauf. Österreich erklärt Ende Juli
1914 Serbien den Krieg. Serbien muss sterbien! Als Ketten-Reaktion folgen die
Generalmobilmachung des Zaren in seinem Reich und die der Franzosen wie sukzessive die
Kriegserklärung Deutschlands an Russland und an Frankreich. Und es geht im Wortsinn
Schlag auf Schlag hinein in die größte hausgemachte Katastrophe, die die Welt bis dato
kennt. Im kontinentalen Flächenbrand stellen bei Kriegsanfang Österreich-Ungarn und
Deutschland samt seinem Bündnisbruder Türkei über sechs Millionen Soldaten; denen
stehen an den Frontlinien zehn Millionen Franzosen, Engländer, Russen und Serben
gegenüber. Trotz anfänglicher Blitzkrieg-Erfolge in Frankreich und an der Ostfront seitens
der Mittelmächte kommt die tödliche Walze allmählich zum Stocken, zum Stillstand. Der
Mehrfronten-Krieg verbarrikadiert sich in den Schützengräben zum Stellungskrieg. Im Mai
1915 erfolgt die Kriegserklärung Italiens an den Nichtangriffspackt-Partner Österreich, und
auch Südtirol wird Kriegsschauplatz. Es kommt zu den zermürbenden Grabenkämpfen im
hochgebirgigen Ortlergebiet und an der berühmt berüchtigten Dolomitenfront. Als die
Alliierten das neutrale Saloniki besetzen, erfolgt im Oktober 1915 die Kriegserklärung
Bulgariens an Serbien und 1916 die der Rumänen an die Mittelmächte. Deutschland sucht
und will partout den Seekrieg, auch um den feindlichen Nachschub aus Übersee zu stoppen,
was den Eintritt der USA in den Endkampf zur Folge hat. Der Rest ist wie alles andere
Geschichte.alles_Seite_16 alles_Seite_17


Zeichne durch den Meraner Chronisten und Herausgeber bzw. Chefredakteur der Meraner
Zeitung, Albert Ellmenreich, ein lokales Bild über jene Zeit, verfasse darüber durch ihn und
mit ihn eine kleine Denkschrift.
Genannter Zeitungsmann überliefert uns „zur Sache“ ein Gedicht von seinem Freund Ernst
Froh. „Wie anno neun – Zeit ist es, Zeit! / Der arge Feind begehrt nach euren Gauen! / Den
Säbel los! Die Stutzen schwinget kampfbereit, / In kühnem Mut und festem Gottvertrauen! /
Dumpf krachen die Grüfte, – Tiroler Helden erstehen. / Sie kämpfen mit euch, wo rotweiße
Banner wehen. / Lasst dröhnen den Schlachtruf von felsiger Wand: / Für Gott, für den Kaiser
und für das Vaterland!“ Und zum Jahrestag der Feuertaufe am 27. August 1914 des k. k.
Landesschützenregiments Bozen Nr. 2, ein paar poetische Heroen-Schmankerln: „Zu
Lemberg war es, um Mitternacht, / Da haben wir uns auf den Weg gemacht. / Nach Dunajow
zogen wir mittags schnell, / Dort grüßte uns höhnisch das erste Schrapnell. / So heftig
beschoss uns der türkische Feind, / Als wär seine Macht mit der Hölle vereint. / Wir
Landesschützen, vom Feinde genannt: die Blumenteufel, hielten stand. / Zu Schanden ward
seine kühne Wucht, / Wir jagten ihn jubelnd in eilige Flucht. / In seinen Gräben fand uns die
Nacht, / Die uns zu glücklichen Kriegern gemacht. / Den Sieg, den haben wir feuergetauft. /
Mit Mut und Blut nicht zu teuer erkauft. / Wir denken daran bis zum Grabesrand / In Liebe
zu Kaiser und Vaterland.“ In den Kriegsjahren 1914-1918 kommt es in der liberalen,
deutschnationalen Meraner Zeitung zu einem regelrechten Dichterfestival im Dienste der
„deutschen“, der gerechten Sache. Noch nie war zuvor „Die Tante vom Pfarrplatz“, „Das
Reich(s)-Blattl“ am edelsten Zweig der Literatur so vollbehangen von grünen bis überreifen
Früchten wie heute. Die „Meraner Fremdenliste“ verzeichnet für den Januar 1915 ganze
3168 Parteien mit 4619 Personen. Einer dieser Kurgäste, Graf Chlodwig Sayn-Wittgenstein,
setzt sich in der „Meranerin“ mit nachstehendem „Trutzgstanzl“ in Szene: „Was rennst denn
so damisch, / Du walscher Bandit? / Nimm decht zu am Gruaß / No a Kügele mit! / Und
wards no viel mehrer. / Gabs erst no koa Gfrett; / Miar sein ja Tiroler / Und fürchten uns nöt.
/ Und wen wir darwischen, / Der kriegt seine Tracht; / Magst glauben, dass der nöt viel /
Zappler mehr macht. / Jetzt draufzielt und gschossen, / Alm zwoa, wia sis gheart! / Denn oa
walscher Lump / Is koan Schuss Pulver weart. / Tirol den Tirolern! / Um Trient wird nöt
gfoalt, / Um Bozen nöt ghandelt, / Aber Schläg wern vertoalt. / Hearst sempre avanti! / Di
schrein dir nöt schlecht! / Ja s‘Maul habns alm voll / und die Höslan erst recht. / Veroneser
Salami / Und a Veltliner Wein / Und dr Dannunzio gebratn, / Dös mueß saggrisch guet sein!“
Am 17. Mai 1915 erfolgt die Erklärung des Standrechtes in unserem Gebiet. Die Presse wird
doppelt zensuriert: „politisch“ durch die k. k. Bezirkshauptmannschaft mit rotem Stift und
„militärisch“ mit blauem durch das Etappenkommando. 19. Mai: Alarm für die Meraner
Standschützen, die am nächsten Tag schon die italienische Grenze abgehen. Man braucht
und schafft Platz für eventuelle Verwundete aus dem Italienfeldzug. Für die Bewachung der
Meraner Brücken fehlen die Standschützen; Realschüler werden dazu herangezogen, die
lieber in den Krieg möchten, aber für den noch zu „klein“ sind. In der Realschule
demonstrieren die Zöglinge gegen die Italienischlehrerin. Die Schule wird „eh“ geschlossen.

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